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Darmstadt im September 1944: Eine Stadt im Schatten alliierter Bomber

Wie jede andere deutsche Stadt läutet Darmstadt sein dunkelstes Kapitel durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten ein. Nach unermesslichem Leid und 12 Jahren der Schreckensherrschaft, stellt das Ende dieser Zeit eine fast vollständige Verwüstung der Stadt dar.

Ab 1933 ist die NS-Ideologie stark präsent und wird auch in Darmstadt von vielen Bürger:innen unterstützt. Ziemlich alle Bereiche des öffentlichen Lebens werden umstrukturiert und unter einem streng hierarchischen Prinzip gleichgeschaltet. Verwaltungen, Schulen, Organisationen und auch Vereine sind davon betroffen. Jede Gesellschaftsschicht, vom Studenten bis zum Arbeiter, wird von der Propaganda erfasst.

Bereits 1935 beginnt der sogenannte Reichsluftschutzbund die Bürger der Stadt zur Teilnahme an der Luftschutzorganisation zu verpflichten. Die Bevölkerung wird in der Theorie auf die Bekämpfung von Brandbomben und den Umgang mit Blindgängern durch Vorschriften des Reiches belehrt. Außerdem werden in dafür geeigneten Räumlichkeiten öffentliche Luftschutzkeller eingerichtet. Sogar Hochbunkeranlagen werden errichtet. Im Oktober 1936 kommt es dann zur ersten Verdunklungsübung in Darmstadt und Umgebung. Hierbei werden bei Dunkelheit alle Lichter der Stadt – egal ob Privathaushalt oder Industriewerk – abgeschaltet. Ziel dieser Verdunklungen ist es, im Kriegsfall dem Feind keine Möglichkeit zu geben, zu sehen, auf welches Gebiet er seine Bomben wirft. Wohl bemerkt, in einer Zeit des tiefen Friedens. Die Darmstädter:Innen werden also früh auf einen etwaigen Bombenkrieg vorbereitet. Natürlich mit Hintergedanken.

Nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 ist es endgültig vorbei mit dem vermeintlichen Frieden. Am 08. Juni 1940 geht es los. Der erste Luftalarm schallt durch die Gassen Darmstadts. Die Bevölkerung muss nun anwenden, was sie gelernt hat. Weg vom Fenster, nie auf offener Straße stehen bleiben, nicht hinter der Haustüre oder in der Mitte des Raumes aufhalten. Doch selbst wer alle diese Regeln einhält, ist nicht vor der gewaltigen Macht der Bombenangriffe geschützt, die in den Folgejahren auf Darmstadt niederregnen wird. 1.566-Mal erklingen im Zweiten Weltkrieg die Darmstädter Luftalarm-Sirenen. An ein normales Leben bei fast täglichem Alarm kaum zu denken. Insgesamt fliegen die Alliierten ca. 40 Luftangriffe auf Darmstadt, viele davon kosten Menschenleben.

Ihre Strategie ist das „Moral-Bombing“, also der großflächigen Bombardierung von Wohngebieten. Das verfolgt die Prämisse, die Moral der Zivilbevölkerung brechen zu können. Das funktioniert allerdings auch aufgrund des Durchhaltewillens der deutschen Führung nicht. In der Nacht vom 11. auf den 12. September 1944 erlebt Darmstadt dann sein wohl folgenschwerstes Bombardement. 221 englische Lancaster-Bomber und 13 Begleitflugzeuge überqueren am späten Abend den Ärmelkanal mit Kurs auf Hessen. Eine halbe Stunde nach dem aufheulenden Fliegeralarm, der dritte dieses Tages, fallen um kurz vor Mitternacht die ersten Bomben. Was dann folgt, ist die akribisch durchgeplante Ausbombung des Stadtkerns.

191 Luftminen, 33 Sprengbomben und über 280.000 Stabbrandbomben donnern in weniger als einer halben Stunde auf Darmstadt nieder. Da die örtliche Luftschutzleitung schon früh durch Bombentreffer ausfällt, können keine zentralen Rettungsmaßnahmen koordiniert werden. Die Einsatzkräfte, welche sich am Stadtrand befinden, sind ohne Einsatzbefehle und bei der Menge der Bombenlast machtlos.

Aufgrund von Explosionen nach dem Bombenangriff, bleiben viele Bürger:Innen in ihren Kellern, sie wissen nicht, dass die Bombardierung vorbei ist. Ein folgenschwerer Fehler, der vielen das Leben kosten wird. Tausende von Einzelbränden entwickeln sich zu einem riesigen Feuersturm. Der Sauerstoff am Boden wird von den Flammen mit hoher Geschwindigkeit aufgesaugt und nach oben ausgestoßen. Die Innenstadt heizt sich auf bis zu 1000° auf. Wer jetzt noch in seinem Keller sitzt, droht zu ersticken, wer hinaustritt, läuft Gefahr in die Flammen gesogen zu werden. Die Straßen sind unpassierbar, Rettungsaktionen unmöglich. Der Feuerschein der brennenden Stadt ist noch in Mainz und Aschaffenburg zu sehen.

Das Resümee dieses Angriffs ist erschreckend. Augenzeugen berichten von Leichen und Knochen auf den Straßen, von Vermissten und Verschütteten, von totaler Zerstörung. Man schätzt die Gesamtzahl der Opfer auf über 11.000 Tote. Bei knapp über 100.000 Einwohner zu dieser Zeit, verliert alleine in dieser Nacht etwa jeder Zehnte sein Leben. In die Geschichte geht dieser Vorfall als „Die Brandnacht“ von Darmstadt ein. Vorbei ist der Krieg damit nicht. Weitere Bomben fallen in den folgenden Wochen und die Gefahr für Straßenbahnen sowie Züge vor Tieffliegern nimmt zu.

Von fast 35.000 Wohnungen zu Kriegsbeginn, sind bei Ende des Krieges über 30.000 teilweise oder komplett zerstört. Die Bevölkerung kommt bei Verwandten oder Bekannten in Nachbarorten oder in notdürftig hergerichteten Kellern, Wohnungen und Gartenhäuschen unter.

Am 25. März 1945 endet in Darmstadt der Krieg durch den Einmarsch der Amerikaner. Letzte verzweifelte von der Wehrmacht befohlene Angriffe, können durch das Eintreten mutiger Bürger:Innen gewaltfrei verhindert werden.

Die Bombenangriffe auf Darmstadt im Zweiten Weltkrieg sind durch Fotos und Aufzeichnungen sowie Zeitzeugen gut dokumentiert. Die Stadt hat ihre Geschichte aufgearbeitet und gedenkt noch heute jedes Jahr den Opfern der Brandnacht im September 1944. Wenn du dich genauer mit dem Thema auseinandersetzen willst, kannst du hier weiter lesen:

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